Feiertage sind eine gute Sache: man bekommt einen freien Tag geschenkt und kann diesen nach Gutdünken nutzen. Normalerweise bin ich bei meinen Streifzügen ja mit Molly solo unterwegs und die kleine Dita muss alleine zuhause bleiben, aber wenn sich schon mal so eine gute Gelegenheit bietet, waren wir heute zu viert in den Wäldern.
Die letzten Wochen waren hinsichtlich des Pilzwachstums in den fränkischen Wäldern sehr wankelhaft. Einerseits liest man im Schwammer-Forum Fundberichte ungeahnten Ausmaßes, andererseits klagen viele über mäßige bis hin zu gar keinen Funden. In meiner Region, dem Norden Oberfrankens, hatte ich zumeist gute Ausbeute, fand eine bunt gemischte Artenvielfalt und manche Arten zeitweilig im Übermaß – zumeist.
Unser Ausflug führte Erika, Molly, Dita und mich in die Wälder meiner Kindheit, entlang des ehemaligen Grenzstreifens zur Tschechischen Republik, der heutzutage das ideale Pilzrevier darstellt, da sich auch 22 Jahre nach Öffnung des Eisernen Vorhangs nur wenige in diese Wälder verirren. In den vergangenen Jahren habe ich hier desöfteren seltene Arten entdecken dürfen, die sich sonst nirgendwo anders in meinen heimischen Forsten zeigen – so z. B. Suillus cavipes (Hohlfußröhrling), Suillus placidus (Elfenbeinröhrling), u. a..
Die wechselhaften Temperatur- und Witterungsverhältnisse waren der Pilzpopulation nicht sehr zuträglich: Überreste gigantischer Steinpilze, vertrocknete Täublinge und allerlei undefinierbare Pilzleichen stehen an allen Ecken und Enden. Eine Art scheint sich aber an diesem Wechselspiel nicht zu stören: Boletus badius (Maronenröhrling). Man findet sie in solch zahlreichen Mengen, dass Erika und ich teilweise 50 feinste Exemplare auf 20 qm messenden Abschnitten entdeckten. Natürlich wandern da nur die schönsten in den Korb, wenn man schon die Wahl hat.
Dita hat sich auf diesem Ausflug als eine sehr ungeduldige Zeitgenossin bewiesen: wann immer wir anhielten, um Pilze zu ernten, erlebten wir ein wahrliches Fiep-Konzert. Es kann ihr einfach nicht schnell genug gehen, immer in Bewegung bleiben, immer weiter. Dies und andere Erlebnisse bestärken uns in der Ansicht, dass sie der perfekte Hund für den Hundesport Agility ist. Kein Hindernis ist zu hoch, keine Lücke zu schmal, überall muss man hineinkriechen – Furcht kennt sie scheinbar nicht.
Neben Maronenröhrlingen fanden sich dann doch noch einige andere Arten: Flockenstielige Hexenröhrlinge, Rotfußröhrlinge, Steinpilze, Sandröhrlinge, Kuhröhrlinge, Goldgelbe Lärchenröhrlinge und Pfefferröhrlinge.
Der Ausflug tat uns allen gut: wir begegneten keiner Menschenseele, Molly und Dita tobten sich an einem kristallklaren Bach aus, die Brotzeit am Buchbrunnen war köstlich und unser Korb wurde bestens gefüllt – was will man mehr.
Die schönsten Aufnahmen des heutigen Tages…
Ich liebe diese echten Samstage, die sind so entspannend. Und nicht den falschen Samstag, der mich fast meinen Job gekostet hätte! [Zitat: Homer J. Simpson]
Und so wie Homer liebe auch ich diese echten Samstage, die inzwischen zu einem echten Ritual geworden sind. Bepackt mit der auf die Bedürfnisse angepassten Ausrüstung (Korb, Messer, Zweitmesser, Kamera, Zweitobjektiv, GPS-Logger, Mobiltelefon, Proviant und Wasser für Mann und Hund, Schokolade, Tabakbeutel, Feuerzeug, etc. pp.) geht es meist gegen Mittag los, da sich die Dämmerung schon gegen 18.30 Uhr einstellt und so eine Samstags-Tour durchaus 5-6 Stunden dauern kann, wie es die letzten Wochen gezeigt haben.
Entgegen der bisherigen Gewohnheit ging Erika mit Dita ein Stück des Weges mit, um sich dann zu verabschieden – das nahm uns Molly aber krumm. Es blieb mir also nichts anderes übrig, als Erika noch einmal anzurufen und um Rückkehr zu bitten. Molly hatte die Situation wohl so verstanden, dass das Frauchen samt Schwesterherz in eine andere Richtung läuft und wir uns entgegengesetzt dazu bewegen – unverzeihlich. Also, zurück zum Ausgangspunkt, ins Auto steigen, Motor kurz an, eine Kehrtwende und dann aussteigen und regulär verabschieden. Da war die Welt dann auch wieder im Lot, denn Molly ist wie ich auch ein absoluter Gewohnheitsfanatiker – keine Veränderung bitte.
Also, zweiter Versuch und nun die verpasste Zeit wieder reinholen und mit zackigem Schritt ab in den Wald. Die ersten Funde ließen nicht lange auf sich warten, denn wo ich Schnittreste großer Steinpilze entdecke, hat der Sammler vor mir meist etwas übersehen – so auch in diesem Fall. Ein gigantischer, Pokal-großer Steinpilz, der tatsächlich außer einigem Schneckenfraß absolut perfekt war. Der Korb war bereits mit diesem Pilz sehr ausgefüllt und das zu Beginn der Tour…
Es ging steil bergauf in Richtung der Totentrompeten-Stelle, wo noch einige Nachzügler zu finden waren – vermutlich die letzte Ernte des Jahres. Hinter uns hörte ich dann plötzlich Stimmen: Frau mit Kind. Also schnell auf den Weg gemacht, denn so gerne ich auch andere Menschen um mich herum habe, möchte ich im Wald dennoch die Zeit ausschließlich mit Molly genießen und mich aus dem Alltag ausklinken. Auf der Kuppe angekommen ging es auf einen parallel verlaufenden Weg wieder abwärts, der weitere Steinpilze mit sich brachte. Diese Taktik hat sich in den letzten Wochen bewährt, selbst wenn es einen großen Aufwand darstellt, das Waldstück auf diese Weise zu durchkämmen.
Wir begaben uns nun in Richtung des Rotkappen-Waldes, da sich trotz trockener Witterung die Meldungen von Raufuß-Funden in den letzten Tagen im Forum gehäuft hatten. Auf dem Weg dorthin fanden sich einige Exemplare des Boletus edulis (Fichtensteinpilz), die mitten aus dem Weg wuchsen und als multiple Persönlichkeit mehrere in sich verwachsene Fruchtkörper gebildet hatten. Weiterhin fanden sich auf diesem Weg auch einige Boletus luridiformis (Flockenstielige Hexenröhrlinge), die trotz ihrer Größe sehr fest, schneckenfraß- und madenfrei waren.
Im Rotkappen-Wald war uns dann das Glück ebenfalls hold, wenngleich viele Exemplare bereits so gigantisch waren, dass ich sie um keinen Preis in einer Pilzmahlzeit haben möchte – eindrucksvoll waren sie dennoch. Als ich in dem dichten Wald gerade am Fotografieren bin, springt Molly aus dem Platz in den Sitz und starrt in die Ferne. Das ist für mich immer ein klares Warnsignal, dass ich auch sehr ernst nehme. Plötzlich raschelte es recht laut aus unbestimmbarer Richtung und Distanz – wahrlich kein angenehmes Gefühl. Ob da im nächsten Moment ein Rehbock angesprungen kommt oder doch eine Wildschwein-Rotte weiss man ja nicht. Ein Klaps auf Mollys rechte Seite und dazu das Bark-Kommando und sie ließ einen tiefen, lauten Beller durch den Wald hallen. Nach dem dritten Laut machte sich das unbestimmte Tier dann aus dem Staub und ich war sehr froh, dass ich meine treue Begleiterin bei mir hatte.
Nach diesem Schreck verließen wir den Abschnitt hinaus auf dem Weg und machten erst einmal Brotzeit. Auch das ist so ein Ritual, dass wir beide sehr genießen, denn wer lang läuft, muss auch gut essen.
Der Weg führte uns dann weiter und längs des Graswegs wuchsen unter kleinen Fichten Steinpilze, die ich fast übersehen hätte. Auch hier durfte ich meinen Korb weiter füllen. Nachdem der Korb zu diesem Zeitpunkt bereits so voll und schwer war, dass mir mein Arm langsam aber sicher schmerzte, beschloss ich den heutigen Ausflug nach fast fünf Stunden ausklingen zu lassen und lief mit Molly in Richtung Schirnding weiter, wo uns Erika mit Dita vom vereinbarten Treffpunkt abholte.
Morgen werden wir erst einmal eine Pause einlegen, aber den Feiertag am Montag werden wir nutzen, um uns zusammen auf den Weg zu machen – im Viererpack findet sich mehr und es macht auch mehr Spaß.
Die Fotos des heutigen Tages als Galerie zum Durchklicken…
Unser gewohnter Schwammer-Freitag stand ganz im Zeichen des Boletus badius (Maronenröhrling): konsequente Suche und Ernte, um die Wintervorräte auf Vordermann zu bringen.
Zeitweise ist das für meine äußerst bewegungsfreudige Borderdame Molly sicher sehr langweilig, wenn sie mir beim Abschneiden und Einsammeln der Maronen zusieht – aber was muss, das muss…
Eine Begegnung der besonderen Art hatten wir dann in einem Abschnitt, circa 100 Meter von einem Weg entfernt, wo Molly plötzlich in der Bewegung verharrte und ins vermeintliche Nichts starrte. Ich hielt die zwei „Spaziergänger“ zunächst für nicht besonders erwähnenswert, aber begleitet wurden sie im Abstand von ungefähr 10 und 20 Metern von zwei kalbsgroß wirkenden Hunden, die ich auf die Distanz nicht identifizieren konnte. In solchen Momenten bin ich immer heilfroh, dass Molly stets ruhig bleibt, keinen Laut von sich gibt und in Bordercollie-Manier nur auf das Ziel fokussiert beobachtet – mit der überaus eifrigen Dita wäre die Sache sicher nicht so glimpflich ausgegangen.
Da ich heute erst später von der Arbeit zurück war, beschränkten wir den Ausflug auf ca. zwei Stunden (können auch drei gewesen sein), denn morgen ist Teil 6 unserer Marathon-Tour angesagt und ich bin guter Dinge, dass wir dabei großartige Funde machen werden.
Die Funde des Tages, einige Eindrücke des Waldes und die zwei schwarz-weißen Hexen in Aktion…